1. Die Juden im Kreisgebiet bis zum Ende des 18. Jahrhunderts

Die ersten Juden im Westfälischen, die geschichtlich nachweisbar sind, stammen aus dem Rheinland, wo Handel und Handwerk im Mittelalter bedeutender waren als in Westfalen. Im Rheinland hatten sich schon in der Zeit der römischen Besatzung jüdische Kaufleute niedergelassen. Aus dem Rheinland, nämlich aus Köln, stammen demnach auch die jüdischen Familien, die sich 1424, nach der Vertreibung einer großen Kölner Judengemeinde, über das Erzstift verbreitet haben.

Zuvor hatte das Pestjahr 1350, in dem in der Stadt Münster allein 11000 Personen starben, erste jüdische Ansiedlungsversuche in Westfalen abrupt beendet. Die Juden wurden aus den Städten vertrieben und ermordet. Doch nicht die Pest soll der alleinige Grund für die Verfolgung gewesen sein, die Wut über die Verschuldung gegenüber den jüdischen Gläubigern sowie der Neid auf den Reichtum, der sich bei einigen Juden angesammelt hatte, brachen sich schon bei dieser ersten Judenverfolgung Westfalens Bahn. Diethardt Aschoff hat sie »als die größte und blutigste Verfolgung vor der Herrschaft des Nationalsozialismus« bezeichnet. In Hamm wurden sie „verjaigt, gedoedet und verbrannt“, und in Minden hieß es lateinisch: „more pecorum mactaverunt“ (sie schlachteten sie hin wie das Vieh).

Nicht mit endgültiger Sicherheit lässt sich hiermit ein Münzschatzfund aus Albringhausen bei Attendorn in Verbindung bringen, der um 1900 auf einem Acker des Hofes Springob gemacht wurde. Der Numismatiker Peter Berghaus hat diesen nach 1347 vergrabenen Schatz mit Juden in Verbindung gebracht, die ihn zur Zeit der großen Verfolgung um 1350 vergraben hätten.

Ein Brief der Stadt Köln an Richter, Bürgermeister und Rat der Stadt Atten­dorn aus dem Jahr 1451 enthält einen Hinweis auf eine jüdische Einwohnerin in Attendorn. Eine gewisse Cathrin, die eine Jüdin sei, behalte einer Kölner Einwohnerin ihr Eigentum vor. Cathrin halte sich im Haus des Attendorner Bürgers Dramme auf. Diese Nachricht beweist, dass zu einem Tiefpunkt der Geschichte der jüdischen Minderheit in 6 Westfalen vereinzelt Juden ins sonst judenleere Sauerland gekommen sind.

Die nächste Nachricht über Juden im Kreisgebiet datiert aus dem Jahr 1568. Der Jude Benedictus aus Attendorn übernachtete am 18. März des Jahres im Siegener Gasthaus „Wiebel“, ebenso am 11. Mai 1568 zusammen mit dem Juden Mosius aus Attendorn in der Herberge „Zum heiligen Geist“ in Siegen.

Johann zu Heggen war 1574 dem Juden Samuel in Attendorn 330 Reichstaler schuldig. Samuel wird in den Jahren 1574 und 1593 noch zweimal im Zusammenhang mit Geldgeschäften genannt. Zwei Juden zu Hundem, deren Namen nicht angegeben sind, wurde am 30. September 1592 für 110 Taler Tuch beschlagnahmt, weil sie den Zoll umgangen hatten, so berichten die Tagebücher Caspars von Fürstenberg. Über das weitere Schicksal der Juden in Attendorn während der nächsten 100 Jahre sind wir nicht informiert, nur soviel ist bekannt, dass der Kölner Kurfürst an ihrer Niederlassung ein finanzielles Interesse hatte. Sie erhielten für einen ansehnlichen Geldbetrag einen Geleit‑ oder Schutzbrief.

Im Kurfürstentum Köln betrugen die Geleitgelder im Jahr 1680 2000 Reichstaler und 1784 gar 7500 Reichstaler. Die städtischen Zünfte nahmen dagegen keine Juden auf. Ihnen waren auch im Erwerb von Grundbesitz enge Grenzen gesetzt. Es blieb ihnen also nur übrig, sich im Handel und in Geldgeschäften zu betätigen.

Wie streng man bei den Städten auf die Einhaltung von Verhaltensmaßregeln gegenüber Juden achtete, beweist ein Prozess im Jahr 1699 in Attendorn. Ein Mitglied der Attendorner Schmiedezunft, Andreas Witte, wurde bestraft, weil er den Juden Jacob ins Haus genommen und damit gegen die unterschriebene Vereinbarung gehandelt habe. Neben Jacob ist in den Jahren 1700 noch die jüdische Familie Heymann aufgeführt, 1712, 1719, 1722 und 1726 anstelle von Jacob ein Jeremias. In der Mitte des 18. Jahrhunderts fließen die Quellen über Attendorner Juden reichlicher. 1736 wird aufgeführt die Witwe des Jeremias Levi, 1744 und 1749 Abraham Jacob und Aaron Heimann, 1759 taucht ein neuer Name auf: Clemens Salomon, ein Krämer, mit seiner Frau, einem Sohn und zwei Töchtern. 1764 die jüdische Familie Jeremias Meyer. 1776 und 1779 Aaron Lazarus mit Familie, zwei Knechten, 1 Schulmeister, 1 Magd und 1 Kindermädchen. Adolf Salomon, der in den Jahren 1792 und 1794 als Gerichtsschreiber genannt ist, wird 1809 als Schultheiß aufgeführt. Im Jahr 1829 ist er als Bürgermeister der Stadt Attendorn gestorben.

 

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