Jeder Mensch ist Ausländer.

Fast überall.

Frühjahr 2016, Begegnung mit dem real existierenden Faschismus.

Vorwort

In einem Haus in der Nachbarschaft meines Elternhauses, in dem ich auch meine Werkstatt habe, wohnen sechs Jugendliche die entweder ohne Eltern geflohen oder deren Eltern auf der Flucht gestorben sind. Das Haus wird von den Olper Franziskanerinnen geleitet. Schon bevor die Kids dort eingezogen sind nahm mich ein Nachbar zur Seite um mir quasi konspirativ zu mitzuteilen dass dort "Flüchtlinge" einziehen würden. Er merkte schnell dass mir das vollkommen egal ist, seitdem grüßt er mich nicht mehr. Egal, die Kids waren irgendwann da und fertig. Leck mich am Arsch Herr Nachbar.

Ein lauer Frühlingsabend

Die Arbeit war getan, gegen 18:30 Uhr ging ich frohen Mutes nach Hause um eine Kleinigkeit zu essen und dann nach Köln auf den Schießstand zu fahren. Dabei kam ich am Haus der Flüchtlingskinder vorbei. Dort waren ein paar Fenster offen und bis auf die Straße konnte man verhalten hören dass dort gesungen wurde und die Leute richtig Spass hatten, für mich klang es nach einer Geburtstagsfeier. Das war eben irgend etwas was Kids so machen, wenn ich mit meinem Auto auf den Hof reite bin ich erheblich lauter! Who cares?

Zurück aus Köln, gegen 22:15 Uhr musste ich noch mal in mein Elternhaus, Totenstille in der Straße.

THE DAY AFTER

Am nächsten Morgen gehe ich in meine Werkstatt und treffe einen anderen Nachbarn, arbeitslos, Hartz IV, und es ergibt sich ein merkwürdiger Dialog:

Er: "Das war aber eine Sache letzte Nacht!"

Ich: "Was?"

ER: "Na die Flüchtlinge."

Ich: "Was war denn los?"

Er: "Die haben die ganze Nacht Rabatz gemacht!"

Ich: "Kann nicht sein, ich war kurz nach zehn noch mal da und da war nichts."

Er: "War aber schon ganz schön lange"

Nein, ich bin verdammt nicht stolz ein Deutscher zu sein.

07.07.2016 Stephan Kaiser, Sohn einer Mutter die auch mal Flüchtling war.

P. S.: Leider hatte ich nicht die Geistesgegenwart ihm zu sagen dass die Kids mal Steuern und Sozialabgaben bezahlen werden damit er, der liebe Nachbar, auch in Zukunft weiter von Stütze leben kann.