Das Deutsche Notgeld

(1914 – 1924)

 

Bei Ausbruch des 1. Weltkriegs, 1914 wurde im Deutschen Reich das erste Notgeld ausgegeben. Es handelte sich dabei um kurzfristig umlaufende Geldscheine, meist zu 50 Pfennig, 1, 2 und 5 Mark, die einfach, oft sogar primitiv ausgeführt waren, so wie es die Not des Augenblicks erforderte. Diese in 450 verschiedenen Orten herausgegebenen Scheine bilden das klassische deutsche Notgeld. Viele der seltenen Notgeldscheine stammen aus dieser Zeit.

Nach rund zwei Jahren, in denen sich der Geldverkehr wieder in geordneten Bahnen abspielte, kam es 1916 erneut zu einem Geldmangel, diesmal jedoch nur an Kleingeld. Durch die Ausgabe staatlicher Kleingeldscheine, etwa in Art der auf Karton gedruckten Romanow-Geldmarken aus Russland, hätte man diesen Mangel schnell beheben können. Man versuchte stattdessen durch eine verstärkte Prägung von Hartgeld dem Problem Herr zu werden. Eine Besserung trat jedoch nicht ein und so begann eine sich über fast sechs Jahre hinziehende Ausgabe von Kleingeldscheinen und Münzen durch Städte, Gemeinden, sowie durch große und kleine Firmen. Die Zahl der Ausgabestellen wuchs von Jahr zu Jahr an und erfasste bald das ganze Reichsgebiet. Diese Scheine wurden von über 3600 Stellen meist in den Nennwerten 5, 10, 20, 25 oder 50 Pfennig herausgegeben.

    

Mitten in die Kleingeldperiode fiel die Gruppe des Großgeldes 1918/19, das während und nach der Revolution ausgegeben wurde, und zwar überwiegend in den Werten 1, 2, 5, 10, 20 und 50 Mark. Es handelt sich hier um rund 600 Ausgaben, die auf Veranlassung der sonst so notgeldfeindlichen Reichsbank ausgegeben wurden und überwiegend wertpapiermäßig ausgeführt waren. Einige dieser Ausgaben umfassten auch den Wert 50 Pfennig, welcher jedoch zu den Kleingeldscheinen gezählt wird.

Zum eigentlichen Kriegsnotgeld gehören auch noch die Geldzeichen der Gefangenenlager. Dieses Notgeld wird in drei Gruppen eingeteilt: In Scheine der militärischen Lager, in Scheine der industriellen Lager und in Scheckmarken, die von beiden Lagern ausgegeben wurden.

Nach wenigen notgeldlosen Wochen im Sommer 1922 begannen dann die Inflationsausgaben, zunächst mit den Nennwerten 50, 100, 500 und 1000 Mark zu denen 1923 Ausgaben zu 5000, 10 000, 20 000 und 50 000 Mark hinzu kamen. Ein Merkmal dieser Scheine ist ihr ungewöhnlich großes Format, zu dem die hohen Nennwerte verführten, obwohl der eigentliche Geldwert nicht höher war als früher beim Kleingeld. Ein weiteres Merkmal ist die zunehmende Anwendung der Scheckform.

Das sich nun anschließende Notgeld der Inflation umfasst mindestens 70 000 verschiedene Geldscheine mit Nennwerten in Millionen, Milliarden und Billionen. Auch diese Scheine fallen durch ihr großes Format auf. Zunehmend wurde hier auch Wasserzeichenpapier verwendet.

Abgelöst wurde dieses Notgeld dann zwischen November 1923 und Anfang 1924 durch eine Fülle von wertbeständigem Notgeld, das auf Goldmark lautete oder auf fremde Währungen (vor allem auf Dollar). Ein kleiner Teil lautete auch auf Sachwerte. Die Scheine dieser Periode haben viel Ähnlichkeit mit dem Kleingeld aus der Zeit von 1916 bis 1922, zeichnen sich aber durch ihre sorgfältige, wertpapiermäßige Ausführung aus.

Kleingeldscheine werden in Verkehrsausgaben und Seriennotgeld unterteilt. Alle Ausgaben bis 1921 werden zu den Verkehrsausgaben gerechnet. Als die ersten Kleingeldscheine 1916 erschienen, gab es noch keine Sammler für diese Notgeldgruppe. Die Scheine von 1916 kamen in die Hände der Sammler, als diese an die Ausgabestellen des Notgeldes von 1914 geschrieben hatten und statt des ersten Notgeldes das neue Kleingeld erhielten. Das neue Notgeld wurde mit Unwillen aufgenommen und ein namhafter Sammler veröffentlichte damals sogar einen Aufsatz, in dem er vom Sammeln dieses Geldes abriet. Heute sind diese Kleingeld-Erstausgaben durchweg allergrößte Raritäten, vielfach seltener als die 1914er Ausgaben der selben Stellen, eben weil man damals auf diese „Neuausgaben“ keinen Wert legte und noch ganz voreingenommen nur dem alten Notgeld von 1914 nachjagte. Die neuen Scheine regten zunächst auch kaum zum Sammeln an. Sie waren durchwegs ganz einfach und schmucklos gehalten; Bilder, Wappen oder Wasserzeichen fanden sich kaum. Aber die zunehmende Zahl der Ausgaben in Papier und Metall führte dann doch dazu, dass auch dieses Notgeld verstärkt gesammelt wurde. Auch eine Zeitschrift wurde damals herausgegeben, die Wiener Kriegssammler-Zeitung, in der Neuausgaben gemeldet wurden (allerdings auch mit vielen Falschmeldungen). Wirklich populär wurde das Kleingeldsammeln aber erst nach 1918, als sich die zurückgekehrten Kriegsteilnehmer daran beteiligten und als allmählich die Städte und Gemeinden erkannt hatten, dass sie auf das Aussehen der Geldscheine etwas mehr Wert als bisher legen sollten. So wurden die Scheine zunehmend anspruchsvoller gestaltet und es setzte ein richtiger Wettbewerb um die Ausgabe der schönsten Scheine ein. Die Ausgaben wurden immer zahlreicher und wiederholten sich in immer schnellerer Folge, jedoch blieben es immer die im Verkehr üblichen Wertstufen bis 50 Pfennig je Ausführung. Ausnahmen kamen auf, ohne dass daran jemand Anstoß nahm: Wunsiedel mit 25 und 50 Pfennig in je zwei Arten, Nördlingen mit je 20 und 50 Pfennig mit Bildern von verschiedenen Stadttoren, Ohrdruf mit 10, 25 und 50 Pfennig mit je vier verschiedenen Bildern und Ruhla mit 25 und 50 Pfennig in je zwei Ausführungen, alle von 1918. 1919 folgte Königshofen mit 5 Zwanzigern, 1920 gab Freiburg 50-Pfennig-Scheine mit drei verschiedenen Ansichten heraus. Auch die 3 Fünfziger aus Höxter werden noch nicht zu den Serienscheinen gerechnet, genauso wenig wie die in mehrfacher Form ausgegebenen kleinen Nennwerte, wie die beiden Zehner von Kranichsfeld, sowie die drei Zehner von Rothenburg und Siegburg, denn an einem Zehnpfennigschein verdiente eine Stadt schon 1920 nichts mehr, wie Otto Reuttner auf dem Gardelegender Zehner erzählt.

Aber 1921 kam der Umschwung mit der Ausgabe von Serienscheinen. Bei den Städten liefen immer zahlreichere Anfragen und Bestellungen von Sammlern ein. Jede Stadt versuchte mit neuen künstlerischen Scheinen die anderen zu übertreffen, um möglichst viel Notgeld an Sammler absetzen zu können, denn was bei der Einlösung nicht zurückkam, floss als Gewinn in die Stadtkasse. So kam man bald darauf, gleichzeitig mehrere Scheine mit dem selben Nennwert herauszugeben. Bald folgten ganze Serien zu 4, 5, 6 10 oder 12 Scheinen. Auch im Verkehr ungebräuchliche Werte wie 75 Pfennig verrieten, dass meist nur der Gedanke an den Verdienst dahinter steckte, nicht jedoch die Notwendigkeit für die Abhilfe eines Mangels an Kleingeld zu sorgen. Bei der 75ern blieb es nicht; Scheine zu 70, 80 und 90 Pfennig kamen heraus, sogar Markwerte, obwohl es, eine kurze Zeitpanne 1917 während der Revolution ausgenommen, in Deutschland niemals an kleinen Marknoten gemangelt hatte. Außerdem entstanden auch eine Reihe von Ausgaben zu 1½, 2, 3, 5 und sogar 10 Mark.

    
Die Ausgabe von Serienscheinen artete jedoch bald aus. Schnell erkannten Geschäftemacher, dass sich mit der Ausgabe von solchen Scheinen Geld verdienen ließ. Spekulanten kauften den Gemeinden die Berechtigung zur Ausgabe von Notgeld ab und vertrieben die selbst gedruckten Scheine im großen Stil. Es kam sogar zu Schwindelausgaben aus Orten, die gar nicht existierten. Nachdem sich die Stimmen gegen diese Auswüchse mehrten, wurden am 17. Juni 1922 alle weiteren Notgeldausgaben bei Strafe verboten.

 

Quelle: www.pavlas.de/Papiergeld/Papiergeld_Online/Informationen-Dateien/Notgeld.htm